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Tagebuch eines EM-Verweigerers Teil 4: Man sieht sich

Gestern erwarb ich beim Zeitungshändler meines Vertrauens eine Sonntagszeitung.  Nachdem ich mein passend abgezahltes Münzgeld hinüberreichte, verabschiedete mich dieser mit den Worten „Wir sehen uns Mittwoch.“ Mittwoch?, dachte ich. Was ist bloß Mittwoch los? Trotz größter Anstrengungen konnte ich mich nicht daran erinnern, ein Rendezvous mit dem Zeitungshändler zu haben. Tiefe Falten schlugen sich als Ausdruck meines Grübelns in meinem Gesichte nieder;  ich zögerte. Lag etwa eine Verwechslung vor?

Ratlos schaute ich meinen Zeitungshändler an – ein junger Mann türkischer Abstammung. „Na Fußball, Mann“, sagte er – nun ebenso ratlos wie ich – und schüttelte verwundert sein Haupt. Ich brachte nur ein kurzes „Ah“ hervor, während sich hinter mir bereits eine Warteschlange von Kicker-Käufern bildete, und suchte das Weite.

Weder gedenke ich am kommenden Mittwoch Fußball zu schauen, noch gedenke ich Fußball zu spielen. Genausowenig wie ich Papst bin, bin ich ein Mitglied der deutschen Fußballnationalmannschaft. Möge der Bessere gewinnen.

12 Antworten auf „Tagebuch eines EM-Verweigerers Teil 4: Man sieht sich“

Ketzer! ;-) Wie kannst Du es wagen zu behaupten, Du seist nicht Papst? Wir sind alle Papst! Du, ich, mein Nachbar, Nachbars Katze. Ebenso werden wir, alle 82 Mio, am Mittwoch auf dem Fußballplatz stehen und den Ball kicken! Wird eng, ja, aber so ist das nun einmal, wenn wir Fußball sind. Und Papst. Und Milchschnitte.

Ist das eigentlich eine offizielle Bezeichnung, „Doppelbeflaggung“?

@Nils: Das einzige, was ich vielleicht für mich in Anspruch nehmen könnte ist: „Ich bin Protestant“. Im Duden ist die „Doppelbeflaggung“ jedenfalls noch nicht verzeichnet, aber das kann ja noch kommen.

@Cem: Selbstverständlich darfst Du das Bild verwenden. Ich habe meinen gesamten EM-Fotopool soeben auch unter Creative Commons gesetzt.

Ketzerisch oder nicht, schön, dass man noch nicht ganz alleine ist, auf dieser riesengroßen Spielwiese der Wandelbarkeit.
Gestern waren wir Papst, danach Deutschland, jetzt Fußball(nationalmannschaft).
Ich habe echt Angst zu erfahren, was ich noch alles werden/sein soll!

Es muss ja schließlich einen Grund haben, warum „nur“ 30 Mio. Leute die Spiele sehen… So gesehen eine krasse Minderheit, die sich für die EM interessiert.

Der Fußballwelt kann man sich wohl nicht vollkommen entziehen, auch wenn ich das ebenso (wie du) versuche. Irgendwas färbt immer auch auf den fußballfernen Teil der Gesellschaft ab. Ob das nun positiv oder negativ ist – keine Ahnung. Es regt auf jeden Fall die Debatte an – und darauf kommt es in unserer Gesellschaft nun mal an.

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