You Are My Sunshine

Text-Bild-Schere

You are my sunshine,
My only sunshine.
You make me happy
When skies are grey.
You’ll never know, dear,
How much I love you.
Please don’t take my sunshine away.

(Oliver Hood)

Die fröhliche Melodie entstammt ursprünglich einem ukrainischen Volkslied. Der Amerikaner Oliver Hood schrieb Ende der 1930er Jahre den uns heute bekannten Text dazu. Von You Are My Sunshine existieren unzählige Aufnahmen, die bekannteste ist vielleicht das Duett von Johnny Cash und June Carter.

Jahrzehnte konnte ich diesem Lied nicht sonderlich viel abgewinnen. Irgendwann aber sang sie es mir ins Ohr. Ganz objektiv gehört, hatte sie keine ausgeprägt schöne Gesangsstimme. Die Art ihres Votrages hatte eher etwas von einer naiven Niedlichkeit. Ich aber war immer sehr gerührt, wenn sie You Are My Sunshine für mich sang. Für mich hatte sie die schönste Stimme der Welt.

All das scheint lange her zu sein. Unlängst habe ich ich die Version des amerikanischen Jazzgitarristen Bill Frisell auf meiner Festplatte entdeckt. Mit ihm konnte ich nie etwas anfangen. Als Kind hat er zu heftig auf der Klarinette geblasen und als Erwachsener zu anstrengenden Krach mit John Zorn zusammengeelärmt. 2005 nahm Frisell zusammen mit einem Streichtrio eine ziemlich irre Platte auf, deren Musik von Maler Gerhard Richter inspiriert war. Ich konnte das nicht hören, niemand konnte das hören. Und dann das ganze elegische Countryzeugs, das er später auf seinen sechs Seiten produzierte. All das ist mir ein Graus. Aber seine wunderbar reharmonisierte Version von You Are My Sunshine ist so großartig, dass man sechs Minuten lang alles um sich herum vergisst.

[podcast]http://getfile4.posterous.com/getfile/files.posterous.com/temp-2012-02-20/vjHEncCcFifqtrBezdhrooHhuJpjAxhwfxsaFJDDAynuAuquowloIjtsrwFF/02_You_Are_My_Sunshine.mp3[/podcast]
Bill Frisell – You Are My Sunshine

___
Dies ist ein Beitrag aus meiner Serie “Der Soundtrack meines Lebens”. Weitere Beiträge dazu finden sich hier.

Woher ich eigentlich die Beatles kenne

Früher hatte ich eine Mitbewohnerin, deren Fahrrad George hieß. Um ihre kostbaren Beatles-Schallplatten zu schonen, hat sie alle Alben auf Kassette aufgenommen, und hörte ausschließlich die Kopien ab. Ihre größte Sorge jedoch war, dass künftige Generationen die Musik der Beatles nicht mehr kennen könnten. Zum Glück war ich zum Zeitpunkt unseres Kennenlernens mit dem Schaffen der Liverpooler bereits einigermaßen vertraut – vermutlich eine grundlegende Bedingung für unser späteres Zusammenleben.

Alles begann mit Blumen im Dreck. Ende der achtziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts startete der CD-Player seinen Siegeszug durch die kiefermöblierten Jugendzimmer. Bei einem Freund entdeckte ich zufällig einen Silberling von Paul McCartneys Soloalbum Flowers In The Dirt. Mir gefielen die leichten Popsongs. Einen Schimmer davon, dass der Sänger einst ein Beatle war, hatte ich damals allerdings nicht – schließlich bin ich in einem eher beatlesfernen Elternhaus groß geworden. Kurz darauf erwarb mein Vater Sgt. Pepper’s Loneley Heart’s Club Band – ebenfalls auf CD. Ich habe dieses Album damals rauf und runter gehört, die Musik hat mich ziemlich gepackt. In George Martins feinen Arrangements gab es bei jedem Abspielen, etwas Neues zu erhören. Die Texte ergaben für mich zwar wenig Sinn, jedoch war die Entdeckung der Beatles ein nicht unwesentlicher Anreiz, die englische Sprache etwas besser zu erlernen. Angesichts der großartigen Cover-Kunst des Konzeptalbums kam mir erstmalig der Gedanke, dass Vinyl sicher auch Vorteile habe. Ein Gedanke, der sich aber erst viele Jahre später bestätigen sollte.

Nach und nach erschloss ich mir das gesamte Werk der Pilzköpfe: die Mutter eines anderen Freundes besaß 1967-1970, das sogenannte blaue Album. Es passte genau auf eine 120-Minuten-Kompakt-Kassette – allerdings nur wenn ich die bereits vorhandenen Stücke von Sgt. Pepper’s wegließ. Eine Kopiermühe, die sich gelohnt hat. Auf der Geburtstagsparty dieses Freundes stieß ich jedoch dafür, als auch für meine Vorliebe für immerwährende Erdbeerfelder auf mittelgroßes Unverständnis – angesagt war gerade The Power von einer zu recht längst vergessenen Band namens Snap!.

Detaillierteren Überblick über das Frühschaffen der Vier erlangte ich dank einer zwielichtigen, aus vier CDs bestehenden Kompilation, die von einer Hamburger Kaffeerösterei vertrieben wurde. Please Please Me, With The Beatles, A Hard Day’s Night und Beatles For Sale habe ich daher jahrelang ausschließlich in einer willkürlichen Liedreihenfolge wahrgenommen. Erst eine Recherche in der öffentlichen Stadtbücherei – an Internet war schließlich noch nicht zu denken – brachte mir einen korrekten Aufschluss über die genaue Diskographie. Viel später stellte sich beiläufig heraus, dass ein Großteil meiner Generation über diese Tchibo-Kollektion mit den Beatles in Berührung kam.

Die späteren Aufnahmen der Band habe ich gemeinsam mit meinem damals besten Freund Christian unter seinem Hochbett gehört. Andächtig lauschten wir dem Weißen Album, und dank Vinyl wurde auch das Umdrehen der beiden Platten zu einem kleinen Ritual. Ich glaube, er war damals der einzige Mensch, der meine Vorliebe für John, Paul, Ringo und George wirklich teilte. Wir beide trugen damals komische Wollmäntel von den Dachböden unserer Großväter, spielten Gitarre an Lagerfeuern und hörten Musik, für die sich sonst niemand interessierte. Christian und ich waren auch die einzigen, die Freude am Musikunterricht hatten, als unser damaliger Lehrer verzweifelt versuchte, unserer Klasse die Beatles nahezubringen. Wir waren Freaks und wir wurden dafür belächelt. Aber für uns war das alles vollkommen normal.

Etwas später, während meiner Ausbildungszeit, verbrachte ich viel Zeit bei meiner Tante und meinem Onkel. Deren Musiksammlung war eine Katastrophe. Allerdings fand sich zu meiner Freude Rubber Soul in dem großen Stapel an unbrauchbaren Schallplatten. Wochenlang habe manchmal nichts anderes mehr gehört als Norwegian Wood.

Zwischenzeitlich habe ich die Beatles immer wieder ein wenig aus den Augen verloren. Die Mitbewohnerin ist längst ausgezogen, der Schulfreund verdingt sich als Elektro-DJ auf La Palma und der Musiklehrer ist viel zu früh gestorben. Die Beatles und ich jedoch haben immer wieder zueinander gefunden – und das oft ganz unerwartet: Vor einiger Zeit saß ich in einem Café, in dem Yesterday gespielt wurde. Ein Lied, das ich trotz seiner Popularität immer für verabscheungswürdigen Kitsch gehalten habe. Aber in diesem Moment rührte es mich aus Gründen plötzlich zu Tränen. Vielleicht ist es ihre Vielseitigkeit, die die Beatles ausmacht – sowohl ihre Musik als auch ihre Texte. Ihre Musik begleitet mich überall – auf meinem iPod. Ich bin sicher, die Beatles werden auch künftige Generationen begleiten.

___
Dieser Beitrag ist vor einigen Monaten bereits auf dem wunderbaren Musikblog Jahrgangsgeräusche in der Serie „Woher kennst Du eigentlich die Beatles?“ erschienen. Die Herren drüben freuen sich übrigens nach wie vor über Beiträge zu dieser Artikelreihe.

Alles renkt sich wieder ein

Naturgemäß wünschen wir uns, dass sich alles wieder einrenkt. Und in schwachen Momenten glauben wir sogar selbst ein bißchen daran, dass es so kommen könnte. Obwohl wir es besser wissen.

Um sie zu necken, unterstelle ich ihr zuweilen, dass sie ja wirklich glaube, dass sich alles wieder einrenke. Obwohl ich weiß, dass auch sie es besser weiß.

Ich will nie wieder Sonnenschein. (Sollte übrigens der Christenmensch in seinem Glauben, dass es ein Leben nach dem Tode gäbe, tatsächlich recht haben, so wäre dies eine riesige Gemeinheit.)

[podcast]http://posterous.com/getfile/files.posterous.com/temp-2011-07-16/axewqsgiDAsonicpEEgqDeihbyFlpDuznheDvbvgoFGAnrggsGssgbfhJxcD/05_Alles_renkt_sich_wieder_ein.mp3[/podcast]
Gustav – Alles renkt sich wieder ein

___
Dies ist ein Beitrag aus meiner Serie “Der Soundtrack meines Lebens”.

Rettet die Wale

Der Sinnlosigkeit unseres Daseins vollkommen bewusst, versuchen wir zwischen Blasmusik und Apokalypse das Blatt doch noch zum Guten zu wenden. Denen dies naturgemäß ebenfalls nicht gelingen will, obwohl sie sich viel mehr anstrengen als wir, widmen wir ein müdes Lächeln. Es nicht einmal mehr Zynismus, sondern Resignation, die unsere Gesichtszüge entspannen lässt. Wenigstens sind wir mit unserem Lächeln nicht allein – aber auch darin ist kein Trost zu finden.

Nach dem Aufstehen zum halbleeren Glas greifen, in dem man Wasser wähnte, sich aber noch der Rest des Wodkas vom vorvergangenen Abend befindet, und einen großen Schluck nehmen. Dann das Romanfragment aus der Schublade ziehen und verbrennen; anschließend die Wale retten.

[podcast]http://posterous.com/getfile/files.posterous.com/temp-2011-05-14/DtfcvtrpxhkHwdcxaDhmHjBDdIlHsqsocuzAyCbavBzexJcbzqHEeHwaiajh/09_Rettet_die_Wale.mp3[/podcast]

GustavRettet die Wale

___
Dies ist ein Beitrag aus meiner Serie “Der Soundtrack meines Lebens”.